Aktuelles

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Ordensklinikum Linz

Österreichs erstes zertifiziertes Peritonealkarzinose-Zentrum

Datum: 16.01.2023

Die Peritonealkarzinose stellt ein schwerwiegendes Krankheitsbild dar, das mangels geeigneter Therapien oft nur palliativ behandelt werden kann. Am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern wird im kürzlich erstzertifizierten Peritonalkarzinose-Zentrum bereits seit 2013 ein innovatives Therapiekonzept bei ausgewählten Patient*innen angewandt, das die Überlebensrate deutlich steigert und die Lebensqualität erhält. Das Peritonealkarzinose-Zentrum wurde im Juni 2022 von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) nach OnkoZert zertifiziert. Es ist das Erste und auch Einzige von insgesamt neun Peritonealkarzinose- Zentren in Österreich, das dieses internationale Qualitätssiegel erhalten hat. OA Dr. Klemens Rohregger, Leiter des Peritonealkarzinose-Zentrums und des Magenzentrums am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern, betont: „Mit der Zertifizierung werden die hohen Qualitätskriterien an unserem Zentrum nun auch extern überprüft. Zuweiser*innen können sich sicher sein, dass ihre Patient*innen immer nach dem neuesten Stand der Wissenschaft behandelt werden.“

Diagnose Peritonealkarzinose

Im Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern werden jährlich ca. 70–100 Fälle einer Peritonealkarzinose erstdiagnostiziert. Dabei unterscheidet man zwischen primären Erkrankungen, die vom Peritoneum selbst ausgehen, und den weitaus häufigeren sekundären Peritonalkarzinosen. Diese entstehen durch metastatische Tumorzellaussaat in die Peritonealhöhle und umfassen in erster Linie peritoneal metastasierte Tumoren des Gastrointestinaltrakts sowie des Ovars. Plötzliche Zunahme des Bauchumfangs, Übelkeit, Erbrechen und Gewichtsverlust sind Symptome, bei denen eine CT indiziert ist. OA Rohregger erläutert: „Mitunter kann bereits mit der CT suspiziert werden, dass eine Peritonealkarzinose vorhanden ist. Lassen sich damit knotige Auflagerungen und Flüssigkeit im Bauchraum feststellen, sollte eine diagnostische Laparoskopie inklusive Histologie vorgenommen werden, um den Verdacht auf eine Peritonealkarzinose abzusichern sowie um das Ausmaß des Befalls zu bestimmen.“ Beim Großteil der Patient*innen wird die Diagnose im Ordensklinikum Linz gestellt, aber es kommen auch Patient*innen von auswärtigen Krankenhäusern und Zuweiser*innen ins Zentrum. OA Rohregger erklärt: „Peritonealkarzinose wird immer wieder als eine nicht behandelbare Erkrankung dargestellt. Das ist so nicht korrekt. Ein gewisser Teil der Patient*innen ist sehr wohl behandelbar.“ Noch vor 20 Jahren hatten Patient*innen mit Peritonealkarzinose bei einem Kolorektalkarzinom eine minimale Lebenserwartung von ca. zwölf Monaten – wenn die Chemotherapie gut angeschlagen hat –, heute liegt sie bei ca. 40 Monaten, wie internationale Studien zeigen.

 


Nach operativer Zytoreduktion wird die geschlossene HIPEC durchgeführt.

 

Kombiniertes Therapiekonzept

Jede*r Patient*in wird im Tumorboard, das interdisziplinär mit Expert*innen aus Onkologie, Chirurgie, Radiologie, Endoskopie, Strahlentherapie und je nach Fragestellung auch Gynäkologie besetzt ist, besprochen, und gemeinsam wird ein individuell abgestimmtes Therapiekonzept festgelegt. Auch die Indikation für eine hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC) wird hier gestellt und evaluiert. OA Rohregger hält fest: „Grundsätzlich ist es das Zusammenspiel der unterschiedlichen Behandlungen, das zu einem guten Therapieerfolg beiträgt. Dieser ist individuell sehr unterschiedlich, wenn Patient*innen etwa nicht auf die Chemotherapie ansprechen, ist es fraglich, ob eine Operation sinnvoll ist.“ Eine multimodale Therapie ist die Basis für ein längerfristig gutes Überleben. Häufig erhält die*der Patient*in eine neoadjuvante Chemotherapie, in der Folge wird kontrolliert, ob die*der Patient*in auf die Therapie anspricht und der Tumor stabil bleibt oder kleiner wird. Anschließend erfolgt eine operative Zytoreduktion, dabei wird der ganze sichtbare Tumor mittels Peritonektomie entfernt. Das bedeutet, dass befallene Organe teilweise, wie z. B. der Darm, oder ganz, wie z. B. die Gallenblase, entfernt werden müssen. Häufig befallene Organe sind Dickdarm, Mastdarm, Milz und Magen. OA Rohregger erläutert: „Je nach Befall kann eine Operation mit einer Dauer von zehn bis zwölf Stunden erforderlich sein.“

Durch die gute Zusammenarbeit des OP-Teams liegt die Komplikationsrate heute bei geringen zehn bis 14 Prozent, wie auch bei vielen anderen viszeralchirurgischen High-End-Operationen. Die Sterblichkeit liegt bei unter zwei Prozent. Nach der Entfernung des Tumors folgt die HIPEC. Dabei wird der Bauchraum mit einer auf 40 bis 43 Grad Celsius erwärmten Zytostatikalösung ca. 90 Minuten lang gespült. Damit sollen etwaige winzige Tumorzellen, die nicht operabel entfernt werden konnten, vernichtet werden. Die erhöhte Temperatur fördert die Eindringtiefe der Chemotherapie-Lösung ins Bauchfell und schädigt gleichzeitig die wenig robusten Krebszellen. Nachdem sich die*der Patient*in wieder erholt hat, kann eventuell noch eine weitere Chemotherapie folgen. OA Rohregger betont: „Der wichtigste Teil der Therapie ist die genaue Zytoreduktion.“

Dr. Klemens Rohregger

OA Dr. Klemens Rohregger erklärt: "Nicht jede diagnostizierte Peritonalkarzinose ist zwingend ein Todesurteil oder bedarf eines palliativen Settings."


Zwischen 15 und 25 Patient*innen werden im Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern jährlich chirurgisch behandelt, dazu kommen weitere rund 40 chirurgische Eingriffe an operablen gynäkologischen Patientinnen. OA Rohregger schildert: „Wir pflegen ein ausgezeichnetes Miteinander mit den Kolleg*innen der Gynäkologie und arbeiten eng zusammen. So ist etwa jeden Mittwoch ein*e Chirurg*in für die Gynäkologie abgestellt.“ Das Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern bietet seinen Patient* innen auch eine psychologische und soziale Betreuung, eine Stomaambulanz sowie 24/7-Rufbereitschaft von Radiologie und Endoskopie an.
 

Nachsorge der Patient*innen

Patient*innen werden nach der Therapie direkt am Ordensklinikum Linz in den onkologischen Ambulanzen chirurgisch bzw. internistisch betreut. In Abständen von meist drei Monaten erfolgt je nach Tumor und Tumorstadium eine Nachkontrolle mit Blutbefund, CT und Endoskopie. OA Rohregger: „Wenn die Patient*innen damit einverstanden sind, werden die erhobenen Daten auch gesammelt und in ein Register eingegeben. Auch das ist für die Zertifizierung erforderlich.“ Die Daten werden international verglichen und können in diverse Publikationen und Studien einfließen. Abschließend appelliert OA Rohregger an die Zuweiser*innen: „Nicht jede diagnostizierte Peritonealkarzinose ist zwingend ein Todesurteil oder bedarf eines rein palliativen Settings. Stellen Sie Ihre*Ihren Patientin*Patienten in unserem Zentrum vor, um eine eventuelle weitere Therapie auszuloten.“
 

Die Kombination aus Operation und HIPEC ist anerkannt für:

• Primärer Bauchfelltumor (peritoneales Mesotheliom)

• Gallerttumor (Pseudomyxoma peritonei)

• Colon- und Rektumkarzinom

• Appendixkarzinom

• Magenkarzinom

• Ovarialkarzinom (in bestimmten Fällen)

 

Informationen für Zuweiser*innen

Chirurgische Spezialambulanzen:
Terminvergabe: Mo – Fr von 13.00 – 15.00 Uhr
Tel.: 0732 7677 – 7250
HIPEC-Ambulanz: Mittwochs von 13.00 – 14.00 Uhr
Gynäkologische Ambulanz:
Terminvereinbarung: 08.30 – 12.30 Uhr
Tel.: 0732 7677 – 7264 Ambulanzzeiten: 8.30 – 12.30 Uhr
Onkologische Ambulanz (Interne I, Medizinische Onkologie und Hämatologie):
Öffnungszeiten: Mo – Fr von 7.00 – 16.00 Uhr
Tel.: 0732 7677 – 7225
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