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02.01.2024

Frostiger Trend - Was Eisbaden wirklich bringt und was man dabei unbedingt beachten sollte

Ob im kalten See, in der Donau oder im Fass auf der Terrasse – Eisbaden ist im Trend. Dabei taucht man mit dem Körper mehr oder weniger lang in eiskaltes Wasser. Das soll gesund und besonders gut für Immunsystem, Fettverbrennung und Regeneration nach dem Sport sein. „Da belastbare Daten aus großen wis-senschaftlichen Studien fehlen, kann man dem Eisbaden durch die positive Beeinflussung unserer Psyche auch einen nicht zu vernachlässigenden Placeboeffekt zuschreiben, ähnlich wie bei der Sauna“, sagt Primar Priv.-Doz. Dr. Martin Martinek, Leiter der Kardiologischen Abteilung am Ordensklinikum Linz Elisabethinen. Seine Empfehlung für die ersten Versuche lautet: „Halten Sie das Eisbad unter drei Minuten, um Unterkühlungen zu vermeiden.“

Wenn man in kaltes Wasser unter 15 Grad eintaucht, gilt das als Eisbaden und hat bereits entsprechende Wirkung. Am besten wissenschaftlich nachgewiesen ist aus medizinischer und trainingswissenschaftlicher Sicht die Reduktion von Körperfett beziehungsweise die Umwandlung von weißem in braunes Fettgewebe, was für die Wärmeproduktion essenziell ist. „Und das könnte wiederum schützende Effekte auf die Entwicklung von Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen haben“, sagt Kardiologe Martin Martinek. Auch was das Immunsystem und vor allem die Atemwegsinfekte sowie die Stresstoleranz und die mentale Gesundheit betreffe, gebe es vielversprechende Studienergebnisse.
Insgesamt sei die wissenschaftliche Evidenz aber eher gering und die Nachweise der Wirkungen des Eisbadens würden oft auf kleineren Studien ohne Kontrollgruppe beruhen. „Auch wissen wir häufig nicht, ob tatsächlich das Eisbaden oder andere Faktoren wie aktiver Lebensstil, soziale Interaktion, eine optimistische Einstellung oder einfach der Placeboeffekt für die positive Auswirkung auf die Gesundheit verantwortlich sind.“ Man spreche von 20 bis 30 Prozent Placeboeffekt in der Medizin.
Für die Regeneration im Spitzensport werden kalte Tauchbäder direkt nach der Belastung jedenfalls schon lange angewendet. „Hier gibt es Hinweise auf schnellere Erholung und weniger Muskelverletzungen durch eine kältebedingt reduzierte metabolische Aktivität bei gleichzeitiger Durchblutungsförderung der tiefen Muskelpartien und schnelleren Abtransport von Stoffwechsel-Verbrauchsprodukten“, erklärt der Kardiologe.

Positive Effekte und Gefahren bei Bluthochdruck
Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie koronarer Herzerkrankung, Herzrhythmusstörungen oder Herzschwäche rät Primar Martin Martinek vom Eisbaden ab. „Bei Bluthochdruck hat es über längere Zeit aber sogar einen positiven Effekt.“ Beim Eisbaden verengen sich nämlich zuerst die Hautgefäße, vor allem an Armen, Beinen und Kopf, um den Wärmeverlust zu minimieren. Nach längerem Eisbad kommt es dann wieder zu einer Erweiterung der Gefäße, da der Körper versucht, die Unterkühlung durch eine höhere Blutzufuhr auszugleichen. Danach kommt es zyklisch zu Gefäßverengung und Gefäßerweiterung. „Bei den ersten Durchgängen des Eisbadens steigt dabei auch der Blutdruck signifikant, deshalb sollte man mit unkontrolliertem Bluthochdruck nicht Eisbaden. Erst nach einer Adaptation über mehrere Tauchgänge verliert sich dieser Effekt“, erklärt Primar Martin Martinek. Sein Tipp: „Seien Sie anfangs eher vorsichtig, baden Sie kürzer und bringen Sie nur die unteren Extremitäten unter Wasser.“

Vorsicht vor Unterkühlung
Für Anfängerinnen und Anfänger empfiehlt der Kardiologe eine Verweildauer im kalten Wasser von unter drei Minuten. „So schnell passiert keine Unterkühlung“, erklärt Doz. Martinek. Danach könne man sich langsam steigern bis zu einer Obergrenze von 30 Minuten. „Das Risiko einer Unterkühlung hängt auch deutlich von der Konstitution ab, da Körperfett ein guter Isolator ist. Ebenfalls entscheidend ist, ob es nur ein Bad ist oder ob tatsächlich geschwommen wird“, sagt der Mediziner. Schwimmen produziere einerseits Wärme, man verliere diese aber durchs Wasser auch schnell wieder und das könne man nicht ausgleichen. „Deshalb brauchen Winterschwimmer einen Neopren-Anzug und eine Kopfbedeckung.“

Tipps fürs Eisbaden
Was man vor, während und nach dem Eisbaden beachten kann, fasst Primar Priv.-Doz. Dr. Martin Martinek, Leiter der Kardiologischen Abteilung am Ordensklinikum Linz Elisabethinen, in folgenden Tipps zusammen:
• Langsam Starten: Eventuell kann man anfangs nur mit den unteren Extremitäten ins Wasser gehen und sich von Mal zu Mal steigern, um sich gut an die Kälte anzupassen.
• Bei den ersten Versuchen sollte das Eisbad unter drei Minuten gehalten werden, um Unterkühlungen zu vermeiden. Dann können auch längere Eisbäder folgen. Beim Auftreten von Kältezittern (außerhalb der ersten Versuche) sollte man das Eisbad beenden, da dies ein Zeichen ist, dass der Körper nicht mehr genügend Wärmeenergie bereitstellen kann.
• Um Wärmeverlust zu vermeiden, kann man sich eventuell mit Neoprenhandschuhen und -schuhen schützen und vor allem eine Haube tragen.
• Wichtig ist, den Kopf nicht unter Wasser zu bringen. Beim sogenannten Tauchreflex entsteht ein starker parasympathischer Reiz. Dies bewirkt eine Verlangsamung des Pulses, eine Unterdrückung des Atemreizes und eine Reduktion auf lebenswichtige Organe. Das kann bedrohlich werden, zu Herzrhythmusstörungen, Schwindel oder Kollaps führen.
• Nie allein Eisbaden. Bei Anzeichen von Verlangsamung, Lethargie oder Desorientiertheit sollte man unbedingt in Begleitung das Wasser verlassen.
• Nach dem Eisbad ist Wärmeerhaltung mit Kleidung und Decken angesagt. Man kann auch warme Getränke ohne Alkohol trinken. Eine aktive oder passive äußerliche Erwärmung kann gefährlich werden, wenn kaltes Blut aus der Peripherie abrupt in den Körperkern gelangt. Das kann wiederum zu Herzrhythmusstörungen, ähnlich wie beim sogenannten Bergungstod bei Lawinenopfern führen.
• Ein Eisbad ist maximal einmal täglich sinnvoll, besser zwei bis drei Mal pro Woche.

Foto (© Ordensklinikum):
Primar Priv.-Doz. Dr. Martin Martinek, Leiter der Kardiologischen Abteilung am Ordensklinikum Linz Elisabethinen

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Abteilung Kardiologie

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