Text: Christian Diabl, meinbezirk.at
Wenn sie nicht gerade im Labor steht, bastelt Sr. Maria Ludowika begehrten Weihnachtsschmuck.
Eigentlich will Schwester Maria Ludowika ihren Verkaufsstand schon abbauen, doch immer wieder kommen Leute und möchten den selbst gebastelten Weihnachtsschmuck noch sehen. Es gibt Tücher, Ketten, Wanduhren und Engelsfiguren. Vor allem aber Zwirnknöpfe in allen Farben, Formen und Größen, mit und ohne Engerl, hat die Ordensschwester vor sich ausgebreitet. Die größeren erinnern ein wenig an Traumfänger. Die 69-Jährige ist so etwas wie der heimliche Star des Weihnachtsmarktes im Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern.
Glück im Unglück
Was man auf den ersten Blick nicht vermutet: Sr. Maria Ludowika bastelt nicht nur, sie arbeitet vor allem im Labor und hat fast 30 Jahre das Labor der Barmherzigen Schwestern in Wien geleitet. Das verdankt sie einem glücklichen Zufall, denn ursprünglich wollte sie Krankenpflegerin werden. Weil sie aber nach einer Operation zwei Jahre nichts Schweres heben durfte, hat ihr die Oberin das Labor vorgeschlagen und da ist Sr. Maria Ludowika dann hängen geblieben. "Technik hat mich schon immer interessiert", sagt sie. Nachdem sie das Diplom am Wiener AKH gemacht hatte, musste sie auch gleich die Laborleitung übernehmen. Den nächsten Karriereschritt lehnte sie jedoch dankend ab. Als nämlich 2010 die Labore aller fünf Krankenhäuser der Vinzenzgruppe zusammengelegt wurden, hätte sie die Gesamtleitung übernehmen sollen und das war der damals 70-Jährigen zu viel: "Das sollen gleich die Jungen übernehmen."
Zu Hause in Linz
In Linz arbeitet sie seitdem 20 Stunden in der Blutabnahme und ist nebenbei Chauffeurin der Schwestern, wofür sie extra den Führerschein nachgemacht hat. Kein Wunder also, dass sie in ihrer Freizeit nicht nur bastelt, sondern gerne mit den anderen Schwestern "eine Runde dreht" oder sie zum Baden an einen See bringt. Ansonsten ist der Tagesablauf im Orden streng geregelt, wenn es auch im Vergleich zu früher viel lockerer zugeht. Dass trotzdem keine jungen Schwestern nachkommen, findet sie schade. "Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam: Das ist heute nicht mehr jedermanns Sache", sagt sie.
Entscheidung nie bereut
Ihr Wunsch, in den Orden einzutreten, kam schon früh. Mit 15 hat Marianne Plakolm, wie sie damals hieß, den Bauernhof ihrer Eltern im Mühlviertel verlassen, um im heutigen Sonnenhof als Altenhelferin zu arbeiten. Dort hat sie den Orden der Barmherzigen Schwestern kennengelernt und beschlossen, beizutreten. Die an sich sehr gläubige Familie war zwar nicht wirklich froh darüber, hat sie aber ziehen lassen. Nach drei Jahren in der Ordensausbildung Wien legte sie 1971 das Gelübde ab. Bereut hat sie die Entscheidung nie.
"Wie ein Wunder"
Heute ist Sr. Maria Ludowika die letzte im aktiven Kranken- hausdienst stehende Schwester bei den Barmherzigen Schwestern. 50 bis 70 Patienten nimmt sie jeden Tag das Blut ab. "Die Leute freuen sich, wenn sie mich sehen", sagt sie. Trotz der Erfahrung geht ihr die Arbeit manchmal noch nahe. Da war zum Beispiel ein Siebenjähriger, der aufgrund eines Hirntumors mit verdrehten Augen ganz entsetzlich geschielt hat. Den hat sie im Laufe der Zeit näher kennengelernt. Eines Tages ist er zu ihr gekommen, hat sie mit beiden Augen angesehen und gelächelt. "Das war für mich wie ein Wunder", sagt sie.
Spielzeug für die Kinder
Kindern eine Freude zu bereiten ist auch der Grund für ihre Bastelei. Mit den Erlösen aus dem Weihnachtsschmuck kauft sie Spielzeug für die Kinderstation im Krankenhaus. Die nächste Gelegenheit, ihr etwas abzukaufen, gibt es am 5. Juni bei der Langen Nacht der Kirchen auf dem Domplatz.
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