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Ordensklinikum Linz

Pflegeexpertin: Von „Nie OP“ zu „Nur OP“

Datum: 20.12.2022

Der OP. Jede*r Krankenhaus-Mitarbeiter*in weiß von seiner Existenz, doch nur wenige dürfen ihn ihren Arbeitsplatz nennen. Silvia Gattringer-Rainisch ist diplomierte Gesundheitsund Krankenpflegerin und seit 26 Jahren im OP-Pflegebereich im HNO-Team tätig. Sie sieht den OP tagtäglich von innen und möchte jungen Studierenden und Interessierten die Scheu vor dem mysteriösen Raum nehmen.

 

MITEINANDER: Silvia, war die OP-Pflege schon immer dein Traumjob?

S. GATTRINGER-RAINISCH: Nein, ich bin zufällig in diesen Bereich gekommen. Während meiner Pflegeausbildung habe ich keinen OP-Saal von innen gesehen und konnte mir nicht vorstellen, je in einem zu arbeiten. 1996 konnten sich angehende Pflegekräfte aber nicht aussuchen, wo sie arbeiten wollten. Ich habe mich bei allen Häusern in der Umgebung beworben und das Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern bot mir eine HNO-Stelle an. An meinem Schnuppertag durfte ich erstmals in einen OP-Saal.

 

Wie hast du diesen Tag erlebt?

S. GATTRINGER-RAINISCH: Die OP hat mich sehr beeindruckt. Ich habe mich im Team gleich wohl gefühlt: Alle waren recht freundlich und haben mich im Krankenhaus herumgeführt. Gott sei Dank habe ich die Stelle angenommen! Die Entscheidung habe ich nie bereut.

 

Was zeichnet die Pflege im HNO-OP aus? Was gefällt dir am meisten?

S. GATTRINGER-RAINISCH: Wir decken ein unglaublich breites Spektrum an Eingriffen ab. Wenn jemand „HNO-Operation“ hört, scheint der Bereich klein, aber das stimmt nicht. Von der mikrochirurgischen bis zur viele Stunden dauernden OP ist alles dabei. Ein Schwerpunkt liegt auf den Tumorerkrankungen, wir betreuen etwa 70 Prozent aller Fälle in OÖ. Die Arbeit ist von ständiger Innovation geprägt. 2021 waren wir die Ersten in OÖ, die einen Zungenschrittmacher implantiert haben und seit Oktober können wir wieder einen da Vinci-Roboter bei unseren Operationen einsetzen. Faszinierend finde ich, vom Kind bis zum betagten Menschen alle gleichermaßen zu betreuen und interdisziplinär oft mit anderen Abteilungen zu tun zu haben. Mir gefällt die bunte Mischung an Patient*innen und Eingriffen und im OP bin ich direkt am Geschehen dran.

 

Du hast von Eingriffen gesprochen, die den ganzen Tag dauern. Macht dir das lange Stehen nichts aus?

S. GATTRINGER-RAINISCH: Man steht nicht den ganzen Tag. Bei der Besprechung und beim Vorbereiten des OPs sitzen wir oder sind in Bewegung. Beim Eingriff bin ich konzentriert auf das OP-Gebiet und die Zeit vergeht wie im Flug. Bei Bedarf lösen die Kolleg*innen einander ab und nicht jeder Eingriff dauert so lange.

 

Wieviele Eingriffe führt ihr am Tag durch?

S. GATTRINGER-RAINISCH:Das hängt vom OP-Vorhaben ab. Handelt es sich um kleinere Operationen ohne Komplikationen, sind fünf bis sechs an einem Arbeitstag pro Saal möglich.

 

Und was genau sind deine Aufgaben vor, während und nach der Operation?

S. GATTRINGER-RAINISCH: Mein Arbeitstag beginnt um 7 Uhr mit einer Besprechung des OP-Programms. Es folgen die Teameinteilung und die OP-Vorbereitung. Wir stellen Instrumententassen, Einmal-Material und Geräte bereit. Gemeinsam mit der Anästhesie nimmt ein Teammitglied den Patienten oder die Patientin entgegen, prüft die Daten und die mitgebrachten Dokumente und schon geht es in den OP-Saal. Eine diplomierte Pflegekraft führt die chirurgische Händedesinfektion durch, kleidet sich steril an und deckt den

Instrumententisch. Währenddessen reicht der Beidienst – diplomierte Pflegekraft oder OP-Assistent*in – der sterilen Pflegekraft weitere Materialien und Flüssigkeiten an und desinfiziert das OP-Gebiet. Der Patient oder die Patientin wird mit sterilen Tüchern abgedeckt und die OP beginnt. Während des Eingriffes werden Instrumente und Materialen gereicht und wieder entgegengenommen. Um die Patientensicherheit zu gewährleisten, zählen wir Tupfer und sämtliches Equipment im Vier-Augen Prinzip vor, während und nach der OP und dokumentieren sie genau. Nach der Inventur gelangt der*die* Patient*in in den Aufwachraum. Wir desinfizieren alle Geräte, bringen die gebrauchten Instrumente in die Sterilisation und bereiten den nächsten Eingriff vor. Das Reinigungsteam säubert den Saal und alles beginnt von Neuem.

 

Das ist ganz schön viel Verantwortung. Wie gehst du damit um?

S. GATTRINGER-RAINISCH: Man wächst an den Aufgaben. Jeder Neuzugang erhält einen Praxisanleiter und ist im ersten Jahr nie allein. Am Anfang steht das Beobachten an erster Stelle. Danach folgen kleinere Eingriffe, bis man bereit für komplexere Operationen ist. Unentbehrlich sind Zuverlässigkeit, Sorgfalt und vor allem Menschlichkeit! Wichtig ist vorausschauendes Denken und Flexibilität, um in unvorhersehbaren Situationen reagieren zu können. Wir können uns auf unsere Kolleg*innen verlassen und die Zusammenarbeit mit den Ärzt*innen, der Anästhesie und zwischen den OPTeams ist ausgezeichnet.

 

Das klingt, als könntest du deinen Job weiterempfehlen?

S. GATTRINGER-RAINISCH: Ja, eindeutig! Wir freuen uns über alle Interessierten und jungen Studierenden aus der Pflege, die in unseren Bereich hineinschnuppern wollen! Ich habe das Gefühl, der OP ist für die meisten Menschen – auch für jene in Pflegeberufen – ein Mysterium. Schließlich operieren wir stundenlang bei geschlossenen Türen und niemand sieht rein. Viele haben ein völlig falsches Bild von unserer Arbeit und könnten Gefallen und Erfüllung daran finden.

Gattringer-Rainisch Silivia

 

Weitere Informationen:

HNO, Kopf- und Halschirurgie

OP