Sympathikus-Nerv-Durchtrennung zur Behandlung von schweren Herzrhythmusstörungen
Neue Methode erstmals in Oberösterreich
Die Sympathektomie ist eine chirurgische Methode, die bisher als letztes Mittel zur Behandlung von starkem Schwitzen eingesetzt wurde.
Dabei wird der Sympathikus-Nerv, der für die Überreaktion der Schweißdrüsen verantwortlich ist durchtrennt.
Als zweite Klinik in Österreich wurde dieses Verfahren jetzt erfolgreich in der Herztherapie angewandt, um damit Rhythmusstörungen, die mit konventionellen Methoden nicht behandelbar sind, zu beheben.
Der chirurgische Eingriff in das vegetative Nervensystem setzt große Erfahrung des Arztes voraus, ist aber eine große Hoffnung zur Heilung eines sog. „elektrischen Sturms“ im Herzen, einer besonders gefährlichen Form der Herzrhythmusstörung.
Behandlung von Herzrhythmusstörungen
Fast jeder Mensch ist im Laufe seines Lebens von Herzrhythmusstörungen betroffen, die im Normalfall nur harmlose Extraschläge des Herzens sind. Dieses „Stolperherz“ ist für den Betroffenen zwar unangenehm, aber nicht behandlungsbedürftig. Dennoch kann eine Verlangsamung (Bradykardie) wie auch eine Verschnellerung der Herzfrequenz (Tachykardie) lebensbedrohlich sein.
Patienten mit solchen Beschwerden werden entweder medikamentös, mittels implantiertem Defibrillator oder durch Veröden der entsprechenden Areale im Herzen behandelt. Manchmal führen diese Methoden aber zu keinem adäquaten Erfolg.
Dann kann es zu einem sogenannten Herzsturm kommen. Davon spricht man, wenn eine lebensbedrohliche Rhythmusstörung in einer Herzkammer vorliegt und der Patient bereits einen Defibrillator bekommen hat. Treten mehrmals (mindestens drei Mal) täglich derartige Tachykardien auf, besteht höchste Gefahr für den Patienten.
Bei jedem Anfall wird der Defibrillator ausgelöst und versetzt dem Herzen einen Stromstoß, der dieses wieder in den richtigen Rhythmus bringen soll. Das ist für den Patienten sehr belastend und auf Dauer unzumutbar.
„Wenn die konventionellen Methoden nicht mehr greifen, dann hatten wir bisher keine Alternative zur Behandlung“, erklärt der Kardiologe OA Prof. Dr. Helmut Pürerfellner die Ausgangssituation und weiter: „Jetzt haben wir aber eine neue Option, die uns unsere Chirurgie eröffnet hat.“
Der Sympathikus
Generell ist der Sympathikus für eine Leistungssteigerung des Organismus verantwortlich. Er kann den Menschen auf besondere Anstrengungen, wie auch auf Flucht und Angriff, vorbereiten indem er die Herztätigkeit steigert, den Blutdruck erhöht, die Durchblutung von Herz und Muskulatur fördert und durch den Abbau von Kohlehydraten mehr Energie bereitstellen.
Gleichzeitig hemmt er Aktivitäten, die kurzfristig nicht so wichtig sind, wie beispielsweise die Darmtätigkeit.
Der Sympathikus ist Teil des vegetativen Nervensystems und verläuft vom Hals entlang der Wirbelsäule bis in die Lenden. Ausgehend vom Gehirn werden Befehle an unterschiedliche Stellen des Körpers geschickt, um dadurch entsprechende Reaktionen des Organismus auszulösen.
Die für das Herz zuständigen Nervenfasern haben ihren Ursprung in kleinen Anhäufungen von Nervenzellen, den Ganglien, die in einem Segment des sogenannten sympatischen Grenzstranges im Brustraum angeordnet sind.
Eine erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensystems führt zwangsläufig zur Steigerung der Herztätigkeit und im schlechten Fall zu Herzrhythmusstörungen.
Neben der Aktivierung der Herztätigkeit ist der Sympathikus auch das Schwitzen zuständig. Als Therapieoption gegen besonders starkes Hand- und Fußschwitzen und nach Ausschöpfen aller konventionellen Behandlungsmöglichkeiten, hat sich seit langem die endoskopische transthorakale Sympathektomie bewährt. Darunter wird die punktuelle operative Durchtrennung oder Zerstörung der für das Schwitzen zuständigen Nervenzellen verstanden.
„Ich habe diese Methode in den 80er Jahren gelernt und seither mehr als 300 Patienten damit operiert.“, berichtet der Chef der Chirurgie im Ordensklinikum Linz, Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Függer.
Die Methode, mit der starkes Schwitzen sehr erfolgreich behandelt werden kann, hat aber einen zusätzlichen Effekt, den wir jetzt in der Behandlung von gefährlichen Herzrhythmusstörungen nutzen können.
Mit der teilweisen Zerstörung des Sympathikus-Nervs unterbinden wir nämlich die aktivierenden Wirkung und damit das Herzrasen.
Die Rolle der Anästhesie
Die Entscheidung für den Eingriff muss wohldurchdacht sein, weil er irreversibel ist.
Bevor der Nerv endgültig durchtrennt wird, sollte daher klar sein, ob diese Art von Behandlung für den Patienten auch den gewünschten Effekt erbringt. An dieser Stelle kommt dem Anästhesisten eine wichtige Rolle zu. Durch eine kurzfristige Betäubung des entsprechenden Areals kann der gleiche Effekt erzielt werden, wie bei der beabsichtigten Durchtrennung des Nervs. Treten anschließend keine Rhythmusstörungen mehr auf, dann scheint die Sympathektomie erfolgversprechend zu sein.
Operationsverlauf
Der Eingriff selbst erfolgt mittels Schlüssellochchirurgie in Vollnarkose. Operiert wird an beiden Körperseiten. Dabei wird ein 1 cm langer Hautschnitt in der Nähe der Achsel gemacht, in dem zwischen der 2. und der 4. Rippe OP-Instrumente eingeführt werden.
Zuvor wird die Luft auf der Seite der Lunge, an der operiert wird, abgelassen, um im Thorax mehr Platz für die Instrumente zu schaffen. Benötigt werden eine Lichtquelle, ein Kamerainstrument und ein Schneidewerkzeug, die sowohl einzeln, als auch als Kombination zum Einsatz kommen.
Mit Hilfe eines hakenförmigen Instruments wird der Nerv gefasst und mittels Strom durchgeschmort. Da der Sympathikus drei Ableitungen zum Herzen hat, wird der Vorgang zwei Mal wiederholt.
Der Eingriff selbst dauert zirka 1 Stunde und würde keinen langen Krankenhausaufenthalt nach sich ziehen. Da die Patienten aber meist eine sehr schwere Grunderkrankung aufweisen, ist ein 1-2wöchiger Aufenthalt zur Überwachung angebracht.
Herzrhythmus
Das menschliche Herz versorgt Gewebe und Organe mit sauerstoff- und nährstoffangereichertem Blut und erfüllt als Hochleistungspumpe eine lebensnotwendige Aufgabe. Pro Minute schlägt das Herz 60 – 90 Mal und pumpt dabei 5 bis 6 Liter Blut durch den Körper. Angetrieben wird die „Pumpe“ durch Stromimpulse, die im sogenannten Sinusknoten, einer Zellansammlung im rechten Vorhof, entstehen und über ein elektrisches Leitungssystem in Form spezieller Nervenbahnen zu den Muskelzellen in den Kammern und Vorhöfen geleitet werden.
Die Muskelzellen ziehen sich, angeregt durch die Stromimpulse, zusammen und dehnen sich anschließend wieder aus, wodurch der Pumpeffekt des Herzens entsteht.
Beim gesunden Herzen erfolgt dieses Aktivieren der Muskelzellen aufeinander abgestimmt und führt zu einem regelmäßigen Herzschlag, den wir als Puls wahrnehmen.
Herzrhythmusstörungen
Normalerweise ziehen sich die Muskelzellen der beiden Vorhöfe zuerst zusammen und pumpen das Blut in die beiden Herzkammern. Durch die Kontraktion der Herzkammern wird das Blut weiter in die Hauptschlagader und den Lungenkreislauf gedrückt.
Immer wenn die Erregungsbildung, also die Erzeugung des Stromimpulses im Sinusknoten oder die Erregungsweiterleitung nicht regelgerecht erfolgen oder es zu Erregungsbildung an einer atypischen Stelle kommt, spricht man von einer Herzrhythmusstörung.
Ihre Gesprächspartner sind:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Függer, Abteilungsleitung Chirurgie
OA. Univ.-Prof. Dr. Helmut Pürerfellner; 2. Interne Abteilung – Kardiologie
Foto:
Der Blick durch die Kamera zeigt auf der rechten Seite den Operationshaken, der den Sympathikus-Nerv (weiß) fasst und ihn dann mit Strom durchtrennt.
(Foto: Ordensklinikum Linz GmbH)
Titelbild:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Függer, Franz Brandstetter (Patient), OA Prof. Dr. Helmut Pürerfellner
(Foto: Ordensklinikum Linz GmbH, Stefan Zauner)
Kontakt und Information:
Ordensklinikum Linz Elisabethinen
Ing. Mag. Günther Kolb
+43-(0)732-7676-2235
guenther.kolb@ordensklinikum.at