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Ordensklinikum Linz

Wir haben ein großes Herz für unsere Kinder

Datum: 24.04.2024

OÄ Dr.in Veronika Pilshofer leitet seit Anfang 2024 die Ambulanz für Neuropädiatrie. Die Kinderärztin setzt auf neue Tools zur Qualitätssicherung und auch die Ausbildung von Jungmediziner*innen ist ihr ein großes Anliegen.

 

AM PULS:  Wie sind Sie zur Neuropädriatrie gekommen?

OÄ Dr.in Veronika Pilshofer: Ich bin seit über 25 Jahren am Ordensklinikum Linz tätig, über Umwege habe ich hier die Ausbildung zur Kinderärztin und das Zusatzfach Neuropädiatrie absolviert. Schon als Studentin wollte ich Kinderärztin werden. Die Neuropädiatrie hat sich als schöne Ergänzung ergeben. Ich bin nahe dem Institut Hartheim aufgewachsen und hatte bereits als Kind viel Kontakt mit beeinträchtigten Kindern.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf?

Pilshofer: Die Neuropädiatrie ist sehr komplex – ich habe es mit einer großen Vielfalt an schweren und seltenen Erkrankungen bzw. Beeinträchtigungen zu tun. Die Arbeit ist nie Routine, weil jedes Kind anders ist. Die Diagnostik ist sehr vielschichtig und verlangt ein hohes Wissen über seltene Erkrankungen. Die genetische Abklärung ist dabei ein wichtiger Baustein geworden. Aufgrund der oft schweren und komplexen Symptome der betroffenen Kinder ist die Elternarbeit wichtig und wir begleiten die Kinder und Eltern über viele Jahre. Wir arbeiten interdisziplinär, denn die Kinder haben oft mehrere Beeinträchtigungen.

Welchen Schwerpunkt hat die Ambulanz?

Pilshofer: Unser Schwerpunkt ist die Entwicklungsneurologie. Häufig behandeln wir neuromotorische Auffälligkeiten, Kinder mit genetischen Syndromen mit motorischen, aber auch allgemeinen kognitiven Beeinträchtigungen und Epilepsie. Wir behandeln Kinder mit Muskelerkrankungen und Neuropathien sowie Enzephalopathien. Ein weiterer Schwerpunkt sind angeborene Bewegungsstörungen durch Zerebralparesen. Und wir übernehmen die Nachbetreuung von Kindern mit Schlaganfallen oder nach anderen akuten Ereignissen, die neurologische Defizite hinterlassen haben.  

Wodurch zeichnet sich die Ambulanz aus?

Pilshofer: Wir zeichnen uns durch eine hohe Fachkompetenz und Expertise in der Kinderneurologie aus. In der interdisziplinären Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen betreiben wir Diagnostik und Therapie auf High-End-Level. Wir haben alle ein sehr großes Herz für unsere Kinder und ein hohes Engagement in und außerhalb der Arbeit. Kinder sind immer in ein Familiensystem eingebunden, das in der Betreuung mitbedacht werden muss – allein ist die Betreuung eines beeinträchtigten oder chronisch kranken Kindes für eine Mama und einen Papa nicht schaffbar. Wir unterstützen durch unsere Psychologinnen oder vermitteln Therapien und Hilfen im niedergelassenen Bereich.

Welche Neuerungen wird es unter Ihrer Führung geben?

Pilshofer: Eine Neuerung ist die Anbindung an die Kinderabteilung, um das Interesse der jungen Kolleg*innen an der Entwicklungsneurologie früh zu wecken und ihnen einen ganzheitlichen Blick auf diese Patient*innen zu ermöglichen. Damit können sie als künftige Kinderarzt*innen bspw. bei den Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen besser einschätzen: Was ist typisch, was ist atypisch, was ist pathologisch? Weiters werden wir neue Untersuchungstools wie SINDA (Standardized Infant NeuroDevelopmental Assessment) und „NeuroMap Bio Psycho Sozial“ einfuhren. Diese dienen zur Früherkennung/Abklärung neurologischer Erkrankungen.

 

 

 OÄ Dr.in Veronika Pilshofer

 

Gibt es neue Entwicklungen bei den Therapien?

Pilshofer: Ein großes Thema sind die Gentherapien, etwa zur Behandlung der spinalen Muskelatrophie (SMA), Diese Erkrankung hat in ihren schweren Formen früher innerhalb der ersten zwei Lebensjahre zum Tod geführt bzw. haben die meisten Kinder das Gehen nie erworben oder wieder verlernt. Die neue Therapie mit dem Wirkstoff Onasemnogen-Abeparvovec hat eine Wende gebracht. Studien zeigen, dass sich die Kinder gut entwickeln. Es gibt seit zwei Jahren ein Screeningverfahren nach der Geburt. Wenn SMA festgestellt wird, bekommt das Kind eine einmalige Gentherapie. Außerdem wurde 2024 von der EMA erstmals ein dissoziatives Corticosteroid (Vamorolon) für Jungen mit Duchenne Muskeldystrophie zugelassen, das zu einer mit Prednisolon vergleichbar guten Verbesserung der Muskelkraft und Ausdauer führt, jedoch ohne einige der schwerwiegendsten Nebenwirkungen von Steroiden, wie Wachstumsverzögerungen und Beeinträchtigung der Knochenstabilität.

Wann soll ein Kind in der Neuropädiatrie-Ambulanz vorgestellt werden?

Pilshofer: Wenn ein Kind im Säuglingsalter zu wenig Fortschritte macht oder es in seiner Bewegung auffällig ist. Bei älteren Kindern, wenn die Entwicklung verzögert ist, es etwa spät zu laufen beginnt, oder auffällig wird, z. B. auf einem Entwicklungsstand stehen bleibt oder sogar Funktionen verlernt, die es schon konnte. Wichtig ist, die Sorgen der Eltern ernst zu nehmen.

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