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Ordensklinikum Linz

Sehnenscheidenentzündung – schmerzhaft bis bedrohlich

Datum: 22.03.2018

Wenn das Handgelenk schmerzt, anschwillt und sich rötet, steckt in vielen Fällen eine Sehnenscheidenentzündung dahinter.

Ist die Ursache hierfür eine bloße Überlastungsreaktion, ist die Entzündung zwar lästig, aber nicht bedrohlich. Liegt aber eine Bakterieninfektion vor, sollte man schnellstmöglich zum Arzt.

Sehnen sind die Verbindungsstücke zwischen Knochen und Muskeln. In Körperregionen, deren Sehnen sehr stark beansprucht werden (Finger, Handgelenk, Ellenbogen, Schulter, Knie, Sprunggelenk, Achillessehne), werden sie von einer Schutzschicht, der Sehnenscheide, umhüllt. In dieser Hülle befindet sich eine Art Gelenkschmiere, damit die Sehnen darin möglichst reibungsfrei gleiten können.

In der Sehnenscheide können (sehr schmerzhafte) Entzündungen entstehen. Es gibt drei mögliche Ursachen: Überlastung der Gelenke, bakterielle Infektionen oder Rheuma.

Auslöser Überlastung

Wird ein Gelenk extrem beansprucht, kann sich die Sehne in der Scheide entzünden. Häufig wird die Entzündung durch sich ständig wiederholende Tätigkeiten verursacht. Die Schmerzen sind in diesem Fall zwar lästig und oft auch langandauernd, aber ungefährlich. Die Entzündung erfolgt schleichend über Tage oder Wochen hinweg, die betroffene Sehnenscheide beginnt leicht zu schmerzen, wobei sich der Schmerz mit den Tagen steigert. Rötungen und Schwellungen treten kaum auf, beim Schmerz handelt es sich vor allem um Druck- und Bewegungsschmerzen. Treten diese Symptome auf, sollte man den Hausarzt oder einen Facharzt für Orthopädie aufsuchen.

Betroffen sind in der Mehrzahl Frauen. Typischerweise tritt das Problem an den Handgelenken von Computerarbeitern, Handwerkern und Musikern auf, die ständig monotone Handbewegungen ausführen. Vor allem Personen mit einem laxen Bandapparat samt instabilen Handgelenken sind betroffen. „Die Anzahl der Überlastungsreaktionen steigt, die Dunkelziffer dürfte sehr hoch sein. Bei Schmerzen schonen die Patienten die betroffene Hand und hoffen, dass es rasch vorbeigeht. So kommt es dann häufig vor, dass sie erst nach Wochen ins Krankenhaus kommen“, sagt Dr. Georg Mattiassich, Facharzt für Unfallchirurgie im Ordensklinikum Linz, Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern. Ein zu langes Zuwarten im Falle von Überlastungs-Entzündungen kann zum chronischen Problem werden. Ist das der Fall, können die Schmerzen sogar mehrere Monate andauern.

Auslöser Infektion

Man erkennt eine durch Bakterien ausgelöste Entzündung dadurch, dass die meist heftigen Schmerzen sehr plötzlich beginnen, zudem treten deutliche Rötungen und Schwellungen auf, die Haut fühlt sich warm an. Kommen Fieber und Schüttelfrost hinzu, sollte man sofort ein Krankenhaus aufsuchen. Bakterielle Infektionen können, wenn sie nicht rasch behandelt werden, bedrohliche Zustände auslösen, da sich die Bakterien über die Blutbahn im ganzen Körper ausbreiten können. Auf diese Weise kann es zu einer Sepsis (Blutvergiftung) kommen, die ohne Behandlung sogar tödlich enden kann. Auch eine Amputation der betroffenen Gliedmaßen kann nötig werden, wenn man mit der Behandlung zu lange wartet.

„Eine durch eine Bakterieninfektion verursachte Sehnenscheidenentzündung ist durchaus eine Notsituation, das sollte man wissen und im Hinterkopf haben. In einem solchen Fall reicht es nicht aus, wenn man sich eine Salbe aufträgt und einfach zuwartet. Man sollte jedenfalls sofort zu einem Arzt, besser noch in die Unfallchirurgie eines Krankenhauses gehen“, rät Mattiassich.

Bakterielle Infektionen sollten unbedingt abgeklärt werden, um Herkunft und künftige Vermeidung zu erkennen. Mögliche Auslöser sind Keime wie Staphylokokken und Streptokokken. „Meist liegt zu Beginn eine gestörte Hautbarriere vor, durch die die Keime in den Körper eintreten können, etwa rissige Haut am Finger oder ein Nagelpilz. Über die Sehnenscheide des betroffenen Fingers können sich die Bakterien ausbreiten und gelangen so in die Hand und über die Sehnenscheide des Handgelenks in den Unterarm“, erklärt Dr. Mattiassich.

Auslöser Rheuma

Auch Rheumatiker sind überdurchschnittlich häufig von Sehnenscheidenentzündungen betroffen. Bei Arthritis können die schmerzhaften Entzündungen schubweise immer wieder auftreten. Auch abnutzungsbedingte Prozesse (Arthrose) können eine Sehnenscheidenentzündung auslösen. Weiters sind Verengungen der Ringbänder oder der Strecksehnenfächer eine mögliche mechanische Ursache für Sehnenscheidenentzündungen der Hand. Sprechen sie nicht auf konservative Maßnahmen an, kann eine operative Spaltung nötig werden.

Sehnenscheidenentzündung

Diagnose

Die Diagnose kann meist anhand der typischen Symptome gestellt werden. Zusätzlich können Bewegungstests, Ultraschall oder MRT (Magnetresonanztomographie) für Klarheit sorgen. Liegt als Ursache eine bakterielle Infektion oder eine rheumatische Erkrankung vor, lassen sie sich im Blut erkennen.

Therapie

Schonung des betroffenen Gelenks, Salben-Umschläge, Bandagen, entzündungshemmende Schmerzmittel sind die Minimalmaßnahmen, die bei jeder Entzündung gesetzt werden. Auch Hausmittel wie Topfenumschläge oder Coolpacks (Kühlbeutel) und kühlende Traumasalben sind hilfreich.

Bei einer Entzündung durch Überlastung kann auch eine Ruhigstellung mittels Manschette oder Gips nötig werden. Zudem ist eine Behandlung durch Physio- oder Ergotherapie hilfreich.

Bei einer Sehnenscheidenentzündung auf Grund einer Infektion werden zusätzlich Antibiotika verabreicht. Bessert sich die Situation dann nicht, schreitet die Entzündung voran oder ist bereits sehr ausgeprägt, werden chirurgische Maßnahmen nötig.

Operation

Bei einer Operation wird die Sehnenscheide gespalten, wodurch Eiter austreten beziehungsweise entfernt werden kann. Die Sehnenscheide wird geöffnet, gespült und die bakterielle Entzündung entfernt. „Diese Maßnahme muss großzügig durchgeführt werden. Alles Entzündliche muss raus, um nicht ein zweites oder gar drittes Mal operieren zu müssen“, sagt Mattiassich.

Je früher der Eingriff erfolgt, desto kleiner ist er. Anfangs ist oft nur ein Finger betroffen. Wartet man aber zu, kann sich die bakterielle Entzündung über die ganze Hand bis in den gesamten Unterarm ausbreiten. Bei großen Eingriffen ist die lange Wundheilung oft ein Problem. In den meisten Fällen beschränken sich die Eingriffe auf einzelne Finger, nur selten sind Eingriffe in die Hand und äußerst selten im gesamten Unterarm nötig.

Wiederholungen vermeiden

Damit sich Sehnenscheidenentzündungen durch Überlastung nicht wiederholen oder gar zum dauerhaften Problem werden, ist es nötig, die Ursache zu bekämpfen. Das heißt für Computerarbeiter, den Arbeitsplatz ergonomisch auszurichten, die mögliche Instabilität des Handgelenks in einer Ergo- oder Physiotherapie zu behandeln und die erlernten Übungen dann auch tatsächlich zu machen. Bei der Arbeit sollten sie Bandagen ums Handgelenk anlegen, wenn sie bereits wissen, dass dort die Sehnenscheide anfällig ist.

Die Realität sieht oft anders aus. „Ein häufiges Problem ist es, dass sich Betroffene bloß eine Salbe auflegen und die Hand ein wenig entlasten, sie das Problem aber nicht sehen wollen und die ursächliche Situation nicht ändern“, sagt Mattiassich.

 

Artikel von Dr. Thomas Hartl, OÖN Forum Gesundheit, 21. März 2018

 

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Orthopädie