Aktuelles

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Ordensklinikum Linz

Mehr Behandlungsqualität durch Zertifizierung und Zentrumsbildung

Datum: 07.04.2025

In Spitälern, die nach der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert sind, sind die Heilungsraten von Krebspatient*innen signifikant besser als in nicht zertifizierten Spitälern. Das Ordensklinikum Linz ist mit seinen 15 Organkrebszentren als einziges Spital in Oberösterreich nach diesen Kriterien als „Onkologisches Zentrum“ zertifiziert.

 

Jährlich erkranken in Oberösterreich etwa 10.000 Menschen an Krebs. Von diesen werden 3.500 Patient*innen am Ordensklinikum Linz, dem Onkologischen Leitspital OÖ, diagnostiziert und behandelt. Um optimale Rahmenbedingungen für die Versorgung durch Expert*innen wie auch eine ganzheitliche Betreuung zu gewährleisten, hat das Ordensklinikum Linz das Zentrum für Tumorerkrankungen gegründet. Dieses orientiert sich an den internationalen Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG). Häufig vorkommende wie auch seltene und oft komplex zu behandelnde Tumorarten werden innerhalb des Zentrums für Tumorerkrankungen in „15 entitätsspezifischen Organzentren“ behandelt.

 

Organkrebszentren

In jedem Organkrebszentrum wird die Expertise von Fachexpert*innen gebündelt, die auf die jeweilige Krebserkrankung spezialisiert sind: Dadurch können im Ordensklinikum Linz alle Behandlungsmethoden wie OP, Strahlentherapie, systemische Therapie und Stammzelltransplantation nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft für nahezu jede Tumorentität angeboten werden. Nicht nur die Ärzt*innen sind entsprechend spezialisiert, sondern auch alle unterstützenden Fachdisziplinen wie Cancer Nurse, Diätolog*innen, Physiotherapeut*innen und psychoonkologisch tätige Psycholog*innen sind spezifisch auf die Bedürfnisse von Krebspatient*innen aus- und weitergebildet. Das Zentrum für Tumorerkrankungen ist Teil des Tumorzentrums Oberösterreich und trägt wesentlich zu dessen Weiterentwicklung bei. Um die Versorgungsqualität zu steigern, werden medizinische Leitlinien gemeinsam mit Fachexpert*innen anderer Spitäler in Oberösterreich entwickelt.

 

Zertifizierung

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist die Messung der Versorgungsqualität in Österreich durch Zertifizierungen wenig ausgeprägt. Univ.-Doz. Dr. Ansgar Weltermann, Leiter des Zentrums für Tumorerkrankungen am Ordensklinikum Linz, erläutert: „Ein nationales Programm zur Messung der Behandlungsqualität fehlt. Das liegt in erster Linie daran, dass die Behandlung von Krebspatient*innen intramural stattfindet und die Bundesländer in der Organisations- und Prozessverantwortung stehen.“ Mit dem Krebsrahmenprogramm gibt es ein gesundheitspolitisches Bekenntnis, Qualitätskriterien wie definierte Behandlungsstandards oder Fallzahlen zu erstellen, doch es fehlt noch an der Umsetzung. Eine Ausnahme bildet die sehr gut etablierte Versorgung von Patient*innen mit Brustkrebs in zertifizierten Zentren.

 

Zertifizierungsprogramm

Im Bereich der Onkologie gibt es verschiedene Zertifizierungsprogramme. Am Ordensklinikum Linz erfolgen Zertifizierungen nach „OnkoZert“1). Dieses Programm wurde 2003 von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Senologie (DGS) für die Zertifizierung der ersten Brustkrebszentren initiiert. In den folgenden 20 Jahren wurde das Zertifizierungssystem in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachgesellschaften auf fast alle Tumorarten ausgeweitet. Ende 2023 gab es 1.960 nach OnkoZert zertifizierte Organkrebszentren an 2.041 Standorten, die meisten davon befinden sich in Deutschland2). In Österreich gibt es rund 80 zertifizierte Organkrebszentren, 15 davon im Ordensklinikum Linz. Die Zentren müssen jährlich in einem Audit nachweisen, dass sie die fachlichen Anforderungen für die Behandlung der spezifischen Tumorerkrankung erfüllen. Diese sind in Erhebungsbögen mit Qualitätsindikatoren zusammengefasst und werden in interdisziplinären Kommissionen erarbeitet sowie regelmäßig aktualisiert. Dr. Weltermann betont: „Eine Zertifizierung ist ein erheblicher Aufwand. Es muss z.B. viermal jährlich ein Qualitätszirkel abgehalten werden, in welchem die Behandlungsergebnisse tiefgreifend analysiert und Maßnahmen zur Verbesserung abgeleitet werden. Wichtig sind engagierte Zentrumsleiter*innen, die für die Zertifizierung intensiv mit dem Qualitätsmanagement und den Abteilungen zusammenarbeiten.“

 

Bessere Überlebensraten in zertifizierten Zentren

In Studien konnte gezeigt werden, dass die Behandlung in zertifizierten Zentren einen Überlebensvorteil für die Betroffenen bringt. Darüber hinaus treten seltener Komplikationen nach Operationen oder unvollständige Operationen auf und auch die körperliche Funktion nach der Operation ist besser. Dr. Weltermann berichtet: „Bei der kürzlich veröffentlichten WiZen-Studie3) wurde bewiesen, dass die Behandlung in DKG-zertifizierten Zentren mit einem hochsignifikanten Überlebensvorteil verbunden ist. Der Überlebensvorteil ist dramatisch und beträgt zwischen 5 und 10 % für verschiedene Tumorerkrankungen.“ In der Studie wurden über eine Million Behandlungsfälle bei elf unterschiedlichen Krebserkrankungen berücksichtigt. Weiters zeigte sich, dass Patient*innen mit niedrigeren Tumorstadien I–III stärker profitieren als solche mit einem fortgeschrittenen Stadium. Und: Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Länge des Bestehens eines zertifizierten Zentrums und dem Gesamtüberleben. Je länger ein Zentrum zertifiziert ist, umso besser sind die Werte.

„Die Zertifizierung verbessert die Qualität in vielen Bereichen“, ist OA Priv.-Doz. Dr. Helwig Wundsam, Standortleiter Chirurgie Barmherzige Schwestern und Leiter des Pankreaszentrums, überzeugt. „Beim Audit findet z. B. das interdisziplinäre Schnittstellenmanagement hohe Aufmerksamkeit. Dieses ist in der Behandlung onkologischer Patient*innen entscheidend. Die Abläufe müssen rasch, effizient und möglichst ohne Fehler funktionieren – darauf wird neben den klassischen Kennzahlen hohes Augenmerk gelegt. Die Auditor*innen sind selbst im klinischen Bereich tätig und wissen daher genau, wo Probleme versteckt sein könnten und wonach sie fragen müssen. Die Zertifizierung trägt dazu bei, dass man sich kontinuierlich verbessert.“

   

Dr. Ansgar Weltermann

Univ.-Doz. Dr. Ansgar Weltermann, Leiter des Zentrums für Tumorerkrankungen am Ordensklinikum Linz

 


Ein anderes Beispiel ist das interdisziplinäre Komplikationsmanagement. OA Wundsam: „Bei der Pankreaschirurgie kann es zu potenziell lebensgefährlichen Komplikationen kommen. Deshalb sind funktionierende Abläufe im Komplikationsmanagement immens wichtig.“ Von den Auditor*innen werden diese immer wieder überprüft: Welche Rufbereitschaften gibt es? Gibt es zwischen den einzelnen Fächern ausreichend Raum für Austausch? Finden interdisziplinäre Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen statt, um Patient*innen, bei denen es zu größeren Komplikationen gekommen ist, zu besprechen und um aus etwaigen Fehlern zu lernen bzw. Maßnahmen zur Verbesserung abzuleiten?

 

Hohe Anforderungen für eine Zertifizierung

Für die Zertifizierung nach OnkoZert müssen Mindestfallzahlen sowie Mindestvorgaben für die einzelnen Operateur*innen, Patholog*innen und Cancer Nurses, Outcome-Parameter wie R1-Resektionsrate und operative Komplikationsraten nach 30 Tagen, supportive Betreuungsangebote wie psychoonkologische Begleitung und niederschwellige soziale Beratung nachgewiesen und mit Fallzahlen belegt werden. Außerdem müssen im Rahmen des Audits Daten zur Berechnung des progressionsfreien und des Gesamtüberlebens vorgelegt werden. Dr. Weltermann erläutert: „Beim Audit muss das Zentrum nachweisen, dass ein strukturiertes Symptommonitoring gemacht wird, z. B. muss bei Patient*innen mit Lungenkrebs regelmäßig kontrolliert werden, ob Atemnot besteht. Das klingt banal, aber wir erleben oft, dass Patient*innen Symptome erst berichten, wenn diese stark ausgeprägt sind.“ Eine weitere Anforderung ist, dass in mindestens 90 bis 95 % der Fälle vor Therapiestart eine Fallbesprechung im Rahmen eines Tumorboards erfolgt. „Nicht-zertifizierte Häuser liegen bei 50 %“, schildert Dr. Weltermann. Die Behandler*innen aus allen Fachrichtungen kommen zusammen und diskutieren, welche Therapie für den*die Patient*in am sinnvollsten ist. Aus organisatorischen Gründen werden viele Fälle nacheinander besprochen. Für jede Entität findet ein eigenes Tumorboard statt und der*die Patient*in wird ab Diagnose nach jeder Therapiemaßnahme mit den jeweiligen Befunden vorgestellt und das weitere Vorgehen wird diskutiert. „Das Tumorboard ist die effizienteste Form der Besprechung“, betont Dr. Weltermann, „denn sonst müsste die/der hauptbehandelnde Mediziner*in mit jeder Fachdisziplin einzeln sprechen, Rückfragen stellen usw.“ In einem zertifizierten Zentrum wird auch eine ganzheitliche Betreuung sichergestellt. Beispielsweise werden Patient*innen auf psychischen Stress gescreent, es gibt Ernährungsberatung, Seelsorge usw. Darüber hinaus müssen Aktivitäten im Bereich Selbsthilfe nachgewiesen werden. Neben zahlreichen Selbsthilfegruppen hat das Ordensklinikum Linz zuletzt das Online-Format „Onko-Treff“ initiiert (siehe S. 16). Dr. Weltermann hält fest: „Für eine*n Zentrumleiter*in ist es schwierig, solche Angebote alleine zu organisieren. Im Ordensklinikum Linz gibt es mit dem Servicebereich Zuweiserbeziehungsmanagement und der Krebsakademie bereits eine Struktur dafür.“

 

Einbindung der Zuweiser*innen

Für die Zertifizierung muss das Spital eine gute Kooperation mit den Zuweiser*innen nachweisen. Dr. Weltermann erläutert: „Im Ordensklinikum Linz können die Zuweiser*innen ihre Patient*innen im Rahmen des Tumorboards in einer Fallbesprechung vorstellen und sich mit den Expert*innen austauschen.“ Zertifizierte Zentren legen Wert auf eine strukturierte Zusammenarbeit mit den Zuweiser* innen und informieren diese regelmäßig über Neuerungen, etwa in Form von Fortbildungsveranstaltungen, Newslettern und Drucksorten.

 

1) www.zertkomm.de
2) www.oncomap.de
3) innovationsfonds.g-ba.de/projekte/versorgungsforschung/wizen.137



Mehr zum Thema

www.ordensklinikum.at/tumorzentrum

Eine Liste aller onkologischen Zentren finden Sie im Folder des Zentrums für
Tumorerkrankungen: www.ordensklinikum.at/folder-tumorzentrum