Große Schmerzen und eine hohe psychische Belastung gehen mit einem Lipödem einher. Hinter der Diagnose stecken aber mehr als nur „dicke Beine“, denn es handelt sich um eine krankhafte Fettverteilungsstörung. Wie Patient*innen am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern geholfen werden kann, erklärt FA Dr. Rihards Pinkis von der Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie.
Bei einem Lipödem sammelt sich unverhältnismäßig viel Fettgewebe an den Armen oder Beinen an, sodass diese im Vergleich zum restlichen Körper unverhältnismäßig dick werden. „Das ausschlaggebende Symptom ist der Schmerz, denn die betroffenen Körperregionen reagieren sehr empfindlich auf Berührungen. Auch Bewegungen, wie das Übereinanderschlagen der Beine, können zu einem Spontanschmerz führen. Hinzu kommt ein Schweregefühl in den Gliedmaßen. Außerdem bilden sich sehr leicht Hämatome, also blaue Flecken“, erklärt FA Dr. Rihards Pinkis, der seit zwei Jahren im Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern arbeitet und als plastischer Chirurg auf das Lipödem spezialisiert ist.
Von dem Krankheitsbild, das vermehrt in der Schwangerschaft, der Pubertät oder anderen hormonellen Umstellungsphasen auftritt, sind fast ausschließlich Frauen betroffen. Rund 10 Prozent der Österreicherinnen leiden an einem Lipödem. „Das sind sehr viele Frauen. Die meisten von ihnen haben schon einen langen Leidensweg hinter sich, wenn sie sich an uns wenden“, sagt Dr. Pinkis. Fehlendes Bewusstsein für die Erkrankung erschwert die Diagnose. Mit Adipositas ist das Lipödem nicht gleichzusetzen, es tritt aber häufig in Kombination damit auf. Auch deswegen dauert es oft lange, bis die Krankheit richtig diagnostiziert wird, da der Grund für das überschüssige Fett rein auf das Übergewicht zurückgeführt wird.
Behandlung – zuerst konservativ, dann chirurgisch
Wurde das Lipödem als solches erkannt, wird es im ersten Schritt konservativ behandelt, etwa durch Kompressionstherapie oder manuelle Lymphdrainage. Wenn diese Therapien über längere Zeit nicht anschlagen, dann kann eine Liposuktion – eine chirurgische Fettabsaugung – Linderung verschaffen. Diese wird nach einer umfassenden medizinischen Beratung an der Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern angeboten.
Bei der Operation wird zuerst eine Flüssigkeit in die Extremitäten gepumpt. Anschließend wird die Lösung mitsamt dem erkrankten Fettgewebe abgesaugt. Je nach Schweregrad des Lipödems können dabei mehrere Liter Fett entnommen werden. Die Operation kann sowohl unter Vollnarkose als auch mit einem Lokalanästhetikum durchgeführt werden. „Viele Patientinnen bevorzugen die lokale Betäubung, da eine Narkose immer mit potenziellen Risiken verbunden ist und nach der Operation Nebenwirkungen auftreten können. Ein weiterer Vorteil ist, dass die OP dann ambulant stattfindet und die Patientinnen am gleichen Tag wieder nach Hause gehen können“, so Dr. Pinkis. Ist das Lipödem besonders stark ausgeprägt, sind im Abstand von einigen Monaten mehrere chirurgische Eingriffe notwendig, da nur eine begrenzte Menge an Fett auf einmal abgesaugt werden kann. Im Schnitt ist die Behandlung mit dem nachfolgenden Abheilungsprozess nach ein bis zwei Jahren abgeschlossen. Begleitend zur operativen Entfernung des Fetts sollen übergewichtige Betroffene durch Sport und gesunde Ernährung ihr Gewicht schon vor dem Eingriff reduzieren und danach bestmöglich halten. So ist der Erfolg der Behandlung auch langfristig gesichert.

Hohe psychische Belastung
Abseits der körperlichen Beschwerden wirkt sich der chronische Schmerz äußerst negativ auf die psychische Gesundheit der Betroffenen aus. „Wenn man eine Woche oder einen Monat Schmerzen hat, dann kann man das mental noch ausgleichen. Wird die Belastung jedoch chronisch und dauert über einen längeren Zeitraum an, leidet die Psyche enorm. Genau so ist es auch bei Patientinnen mit Lipödem der Fall“, so FA Dr. Rihards Pinkis. Auch das deformierte Körperbild wird von vielen Frauen als belastend empfunden. „Durch die erste Operation werden die Patientinnen zwar nicht sofort komplett schmerzfrei, aber sie verspüren eine deutliche Erleichterung der Symptome. Nach Abschluss der Behandlung haben sie sehr viel ihrer ursprünglichen Lebensqualität zurückgewonnen“, sagt der Mediziner. Pro Jahr werden rund 70 Patientinnen mit Lipödem auf der Abteilung behandelt.
Ursachen unklar
Vermeiden lässt sich das Lipödem nicht, auch die genauen Ursachen sind noch nicht bekannt. „Die Frauen schämen sich für ihr Aussehen und wollen ihre Beine oder Arme nicht zeigen. Dabei tragen sie keine Schuld an ihrer Erkrankung“, sagt Dr. Pinkis. Da es hauptsächlich Frauen betrifft, geht man von einem gewissen genetischen Zusammenhang aus, aber auch das ist noch nicht belegt.
Nicht verwechselt werden sollte das Lipödem mit dem Lymphödem, bei dem sich Flüssigkeit in den Beinen oder Armen ansammelt, weil der Lymphabfluss gestört ist. Auch dieses Krankheitsbild wir auf der Abteilung für Plastische Chirurgie am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern behandelt.