Aktuelles

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Ordensklinikum Linz

Interdisziplinäres Arbeiten im Schilddrüsen-Zentrum

Datum: 15.09.2025

Im Schilddrüsen-Zentrum arbeiten Expert*innen für Nuklearmedizin, Chirurgie und Pathologie eng zusammen, um Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen optimal zu versorgen. Eine hohe Expertise weist das Team auch im Bereich der Nebenschilddrüsenadenome auf.

 

Das Schilddrüsen-Zentrum am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern besteht seit 2010 und wurde noch im selben Jahr zertifiziert. Das Zentrum wird interdisziplinär von der Abteilung für Chirurgie und der Abteilung für Nuklearmedizin & Endokrinologie geführt. Zentrumsleiterin OÄ Dr.in Elisabeth Hauer, Abteilung für Chirurgie, Ordensklinikum Linz Elisabethinen, erläutert: „Wir arbeiten eng mit den Nuklearmediziner* innen zusammen und halten regelmäßige Besprechungen zur Indikationsstellung und Therapieentscheidung für jede*n einzelne*n Patient*in ab.“ Patient*innen, die einer stationären Therapie bedürfen, werden von Nuklearmediziner*innen betreut. OA Dr. Martin Steinmair, Abteilung für Nuklearmedizin & Endokrinologie, Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern und stv. Leiter des Schilddrüsen-Zentrums, schildert: „Die häufigste Therapie ist die chirurgische Therapie. Aufgrund des intensiven Austausches kann ein durch den Fachwechsel bedingter Informationsverlust vermieden werden.“


Interdisziplinäre Sprechstunde 

Einmal wöchentlich gibt es eine interdisziplinäre Sprechstunde. In dieser werden mit den Patient*innen die Indikation zur Operation, die weitere Therapie sowie weitere Möglichkeiten wie etwa eine Radiojodtherapie, die bei Schilddrüsenüberfunktionen, Struma oder zur Weiterbehandlung differenzierter Schilddrüsenkarzinome nach der Operation angewandt wird, besprochen. Alle Schilddrüsen-Operationen werden in beiden Spitälern durchgeführt. OÄ Hauer zum Ablauf: „Die Patient*innen werden ans Schilddrüsen-Zentrum zur Operation zugewiesen. Nach Sichtung der Befunde wird gemeinsam entschieden, ob eine Operation nötig ist, und das Ausmaß festgelegt.“


Seitengetrennte Indikation

Jährlich werden am Ordensklinikum Linz etwa 300 Operationen an der Schilddrüse und Nebenschilddrüse vorgenommen. Am häufigsten werden Hemithyreoidektomien durchgeführt. OÄ Hauer erläutert: „Vor einer Operation ist eine seitengetrennte Indikationsstellung durchzuführen. Beide Lappen werden nur aus einem wichtigen Grund entfernt, etwa bei einer Autoimmunerkrankung. Sofern möglich, versuchen wir Schilddrüsengewebe zu belassen, denn dies hat Einfluss auf die Ersatztherapie.“ OA Steinmair ergänzt: „Wenn nur ein Teil der Schilddrüse entfernt wird, ist die Hormonproduktion weiter gegeben und die Patient*innen sind nicht völlig von der Substitutionstherapie abhängig. Das ist z. B. bei Resorptionsstörungen bei einem GI-Infekt ein Vorteil.“ Die häufigsten Erkrankungen sind Knotenerkrankungen. „Fast jeder dritte Erwachsene hat kleine Knoten.“, erläutert OÄ Hauer. „Zur Operation kommt es, wenn sie wachsen, auffällig aussehen und nach Punktion auffällige Zellen aufweisen. Meist sind sie gutartig, denn das Schilddrüsenkarzinom ist eine seltene Erkrankung.“ Wenn benigne Knoten zu groß werden und Beschwerden verursachen, etwa weil sie auf Kehlkopf, Luftröhre, Nerven, Blutgefäße oder Speiseröhre drücken und zu Symptomen wie Atemnot führen, liegt die Indikation für eine Operation vor. OÄ Hauer weist darauf hin: „Die Beschwerden entwickeln sich schleichend. Viele Patient*innen merken erst nach der Operation, wie eingeschränkt sie waren.“


Hormonersatztherapie

Bei der Hormonersatztherapie dauert es oft länger, die richtige Dosierung zu finden. OA Steinmair merkt an: „Manchmal ist der Blutbefund in Ordnung, aber der*die Patient*in ist trotzdem müde. Dann wird die Medikation in kleinen Schritten angepasst und engmaschig kontrolliert.“ Bei Schilddrüsenkarzinomen wird die gesamte Schilddrüse entfernt. OA Steinmair berichtet: „Bei malignen Erkrankungen wird die Hormonersatztherapie höher dosiert, weil diese das Risiko eines Rezidivs reduziert.“ OÄ Hauer schildert: „Wir hatten 2024 eine gute Recurrenspareserate von 1 % passager, d. h. es kam zu einer vollständigen Erholung des Nervs, meist innerhalb von drei bis fünf Monaten, und permanent 0,33 %. Mit diesen Zahlen können wir uns mit den großen Zentren messen.“

 

Cholin PET/CT zur Lokalisationsdiagnostik:
NSD-Adenom am caudalen Pol der Schilddrüse links.
Bild li. Cholin PET: fokale Merspeicherung am caudalen Pol der Schilddrüse links
Bilder re: CT kleine RF am caudalen Pol der Schilddrüse links

   

OÄ Dr. Elisabeth Hauer

OÄ Dr.in Elisabeth Hauer, Abteilung für Chirurgie, Ordensklinikum Linz Elisabethinen, Leiterin des Schilddrüsen-Zentrums

 

Operation der Nebenschilddrüsen

Chirurgische Eingriffe an den Nebenschilddrüsen werden am häufigsten wegen eines primären Hyperparathyreoidismus (pHPT) durchgeführt. Beim pHPT kommt es aufgrund einer Funktionsstörung in meist einer Nebenschilddrüse zur übermäßigen Ausschüttung von PTH. Es handelt sich dabei um ein Adenom (siehe Fallbericht unten). Eine chronische Niereninsuffizienz kann zur Entwicklung eines sekundären oder tertiären HPT führen. OÄ Hauer erläutert: „Einige Patient*innen benötigen noch keine Dialyse, andere sind dialysepflichtig oder sie haben bereits ein Transplantat erhalten.“ Die Anhäufung von Phosphat, die verminderte Bildung von aktivem Vitamin D in den Nieren sowie andere Faktoren können zu Hyperkalzämie und einer chronischen Stimulation der PTH-Sekretion führen. „Durch medikamentöse Therapien zur Senkung des Kalziumspiegels im Blut ist die Indikation zur Operation seltener geworden“, erklärt OÄ Hauer.

Eine Operation ist nötig, wenn trotz Medikation der PTH-Wert sehr hoch bleibt, der Kalziumspiegel weiter erhöht ist oder klinisch relevante Beschwerden wie Knochen- oder Gelenkschmerzen oder Muskelschwäche bestehen. Beim renalen Hyperparathyreoidismus entscheidet die*der behandelnde Nephrologin* bzw. Nephrologe*, über den Zeitpunkt der Operation.

Bei der Abklärung wird meist zuerst eine Sonographie, gefolgt von einer Szintigraphie, durchgeführt. OA Steinmair berichtet: „Lassen sich die Nebenschilddrüsen mit diesen Methoden nicht darstellen, versuchen wir mittels Cholin-PET/CT-Untersuchung ein Nebenschilddrüsenadenom zu lokalisieren.“

 

Fallbericht: Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT)

Vorgeschichte und Anamnese: Herr O. wird mit erhöhtem Serumkalzium und PTH zur Abklärung zugewiesen. Diagnostik erfolgte aufgrund von Müdigkeit, Interesselosigkeit und fehlendem Antrieb. Bei einem pHTP können die Symptome sehr breit gefächert sein, Knochen- bzw. Muskelschmerzen/-schwäche, Osteoporose, Nierensteine, psychiatrische Symptome. Ein Teil der Patient*innen ist symptomlos. Bei normaler Nierenfunktion besteht laborchemisch das Bild eines pHPT. Mittels Szintigrafie wird versucht, die überproduzierende Nebenschilddrüse nachzuweisen.
Untersuchungsergebnisse: Sonografisch lässt sich eine echoärmere Formation dorsal des unteren Schilddrüsenpoles li abgrenzen, nachfolgende NSD-Szintigrafie (MIBI) nicht eindeutig, eine Cholin-PET/CT Untersuchung zeigt eine eindeutige Mehrspeicherung li kaudal dorsal des unteren Schilddrüsenpoles. (siehe Bild li.)
OP-Vorbereitung: In der interdisziplinären Sprechstunde wird die Indikation überprüft, das OP-Ausmaß festgelegt und ein OP-Termin vereinbart. Zwei Wochen vor der OP erfolgen All-in-one-Abklärung mit Narkosevorstellung, Aufklärung, präop. HNO-Untersuchung, um die Beweglichkeit der Stimmbänder vor OP zu sehen, Laborkontrolle sowie chirurg. Aufklärungsgespräch.
Therapie: Bei Pat. O liegt eine normalgroße, kleinknotig veränderte Schilddrüse vor, euthyreot ohne OP-Indikation. Bei eindeutigem Laborbefund und fast ausgeglichenem Vit.-D-Spiegel wird über einen ca. 2 cm langen Hautschnitt mittig in der Fossa jugularis eingegangen, direkt zum unteren Schilddrüsenpol li, wo sich dorsal und kaudal davon eine kleine Struktur von 2 x 1 x 0,7 cm zeigt, makroskop. passend für ein NSD-Adenom. Bestätigung erfolgt im intraop. SS sowie durch die standardisierte Bestimmung von PTH intraop, das aufgrund der sehr kurzen Halbwertszeit rasch in den Normalbereich abfällt. Ausgangswert von 192 pg/ml am Beginn der OP, Abfall auf 24,8 pg/ml PTH 20 min nach Entfernung des Adenoms. Eindrüsenerkrankung bestätigt, OP erfolgreich beendet. Herr O. wird am zweiten postop. Tag nach Laborkontrolle, bei der der PTH-Wert auf 16,5 pg/ml abfällt, und normalem Serumkalziumwert von 2,28 mmol/l sowie Kontrolle der Funktion der Stimmbänder durch HNO, entlassen. Die Hautnaht ist intracutan und selbstauflösend. Laborkontrolle in drei Mo, anschl. jährl. Ca-Kontrollen.

Zuweisung mit aktuellem Schilddrüsenstatus: Laborwerte (TSH, fT3, fT4, Ca, Vit D, wenn Knoten Calcitonin), Sonografie, Szintigrafie.

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www.ordensklinikum.at/schilddruesenzentrum