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Ordensklinikum Linz

Broken-Heart-Syndrom erhöht Schlaganfallrisiko

Datum: 18.12.2018

Umgangssprachlich kann man an einem gebrochenen Herzen sterben, wenn man etwa einen geliebten Menschen verliert. Medizinisch gesehen werden bei einem heftigen Schock vermehrt Stresshormone produziert, was dazu führen kann, dass das Herz quasi lahmgelegt wird.

In der Regel geht so ein Anfall zwar gut aus, dennoch können mitunter Komplikationen auftreten. Eine neue Studie weist nun auf ein erhöhtes Schlaganfallrisiko nach einem derartigen Ereignis hin.

Beim Broken-Heart-Syndrom handelt sich um eine akut einsetzende, vorübergehende Funktionsstörung des Herzens. „Gebrochen“ wird das Herz nur symbolisch und zwar zum Beispiel durch eine Hiobsbotschaft, welche dann dieschockartige Reaktion des Körpers auslöst. Das Syndrom wird auch Tako-Tsubo-Syndrom (benannt nach der japanischen Tintenfischfalle, deren Form das Herz während des Anfalls annimmt) oder Stress-Kardiomyopathie genannt.


Beschwerden, Anzeichen

Ein Broken-Heart-Anfall fühlt sich wie ein Herzinfarkt an, die Beschwerden sind die gleichen: heftige Schmerzen und großer Druck in der Brust, Herzrhythmusstörungen, Atemnot, Schwitzen und Übelkeit.


Risikogruppen

Betroffen sind meist Frauen nach dem Wechsel. Männer können zwar ebenfalls ein „gebrochenes Herz“ erleiden, dies geschieht jedoch viel seltener als bei Frauen. Risikogruppen im Sinn einer deutlich erhöhten Häufigkeit sind:

  • Stressanfällige Menschen: Menschen, die wenig stressresistent sind, sind wesentlich häufiger betroffen als resiliente Menschen.
     
  • Auffällig viele Patienten hatten vor dem Anfall chronische neurologische Probleme, psychiatrische Erkrankungen oder eine Parkinson-Erkrankung.
     
  • Frauen ab 65 Jahren.


Auslöser

Bei mehr als der Hälfte der Fälle lassen sich eindeutige Auslöser identifizieren. Meist handelt es sich um große Aufregungen oder eine heftige Stresssituation. Einige Beispiele: Ein Todesfall in der Familie; jemand wurde bestohlen und er regt sich übermäßig auf; eine Operation, die als große Belastung empfunden wird; ein akuter Asthmaanfall.

Aber auch bestimmte Medikamente wie Asthmasprays und Parkinsonmedikamente können einen plötzlichen Anfall auslösen. Starke akute Schmerzen können ebenfalls großen Stress und damit das Syndrom auslösen.

Auch positiv besetzter „Stress“ könnte ein möglicher Auslöser sein. Wenn man zum Beispiel von einem hohen Lottogewinn erfährt und sehr stark darauf reagiert, kann es zu einem hohen Ausstoß von Adrenalin und starkem Herzklopfen kommen. „Wenn dies exzessiv erfolgt, kann es theoretisch auch bei solchen positiven Anlässen zum Tako-Tsubo-Syndrom kommen. Freilich habe ich das noch nie erlebt, so freudige Überraschungen wie hohe Gewinne sind ja seltene Vorkommnisse“, sagt Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Siostrzonek, leitender Kardiologe am Ordensklinikum Linz, Barmherzige Schwestern.


Mögliche Komplikationen

Wie bei einem Herzinfarkt kann es auch anlässlich eines Tako-Tsubo-Anfalls zu schweren, teils lebensgefährlichen Komplikationen wie Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen und Herzkammerflimmern kommen. Auch eine Bildung von Thromben und Blutgerinnseln im Herzen ist möglich. „Komplikationen treten aber seltener auf wie bei einem Herzinfarkt und die Prognose des Krankheitsverlaufes ist besser, denn das Tako-Tsubo-Syndrom bildet sich in der Regel wieder zurück. Bei manchen Patienten wiederholt sich der Anfall im weiteren Verlauf aber ein- oder auch mehrmals“, sagt der Kardiologe.


Schlaganfallrisiko erhöht

Neuen Beobachtungen zufolge erhöht sich jedoch das Schlaganfallrisiko infolge des Syndroms um rund sechs Prozent, während das Schlaganfallrisiko nach einem Herzinfarkt nur um rund drei Prozent steigt. Das geht aus einer Studie der Universitäts-Medizin Mannheim hervor, in der Patienten über fünf Jahre nachbeobachtet wurden (Quelle: I. El-Bettrawy et al. Short- and long-term incidence of stroke in Takotsubo syndrome. Clin Res Cardiol 107, Suppl 1, April 2018). „Bisher war bei Tako-Tsubo-Patienten ein erhöhtes Schlaganfallrisiko nicht bekannt. Weitere Studien werden zeigen, ob diese Zahlen bestätigt werden“, sagt Prim. Siostrzonek.

Hände mit gebrochenem Papierherz


Diagnose

Patienten mit einem Broken-Heart-Anfall haben nicht nur ähnliche Beschwerden wie bei einem Herzinfarkt, auch die medizinische Diagnose ergibt viele Übereinstimmungen. So sind die Blutbefunde und die zu messenden Veränderungen im Elektrokardiogramm (EKG) sehr ähnlich, auch die Blutwertveränderungen unterscheiden sich kaum.

Wegen all dieser Ähnlichkeiten werden die beiden Erkrankungen mitunter verwechselt. „Zwei Prozent aller vermeintlichen Infarkte stellen sich als Tako-Tsubo-Syndrom heraus“, sagt Primar Siostrzonek.

Man muss schon sehr genau hinsehen, um die Unterschiede zwischen einem Infarkt und einem Broken-Heart-Syndrom zu erkennen. Diese sind:

  • Beim Broken-Heart-Anfall sieht man im Ultraschall eine Störung der Wandbewegungen. Diese charakteristische Störung verschwindet spätestens binnen einiger Wochen wieder.
     
  • Die Herzkranzgefäße sind beim Infarkt verschlossen, beim Broken-Heart sind sie jedoch offen und nicht krankhaft verändert, die Blutversorgung ist also nicht unterbrochen.
     
  • Auch bildet sich keine Narbe im Herzmuskel, wie das nach einem Herzinfarkt der Fall ist.
     
  • Charakteristisch ist auch, dass beim Broken-Heart meist die Spitze des Herzens betroffen ist, während beim Herzinfarkt unterschiedliche Herzmuskelabschnitte betroffen sein können.
     
  • Eine Differenzialdiagnose ist häufig nur durch eine Herzkatheteruntersuchung möglich, die dann unauffällige Herzkranzgefäße und die typische Verformung der linken Herzkammer zeigt.

 

Therapie

Das Tako-Tsubo Syndrom wird zunächst in der Intensivstation wie ein Herzinfarkt behandelt. Stellt sich dann heraus, dass es sich „nur“ um ein Tako-Tsubo-Syndrom handelt, wird der Patient weiter mittels EKG überwacht und nach zwei Tagen in eine normale Krankenstation verlegt. Nach wenigen Tagen wird der Patient aus dem Spital entlassen, da sich in dieser Zeit das Problem in der Regel wieder gelegt hat und das Herz wieder normal funktioniert. Treten keine Komplikationen auf, ist der Patient meist wenige Stunden nach dem Ereignis wieder beschwerdefrei.

„Die meisten Patienten erhalten als Langzeittherapie Betablocker und Aspirin. Ein gesicherter Nutzen dieser Substanzen konnte für das Tako-Tsubo-Syndrom aber nicht nachgewiesen werden. Am günstigsten wäre es, nach einem Anfall starken Stress zu vermeiden oder einen vernünftigen Umgang mit Stresssituationen zu erlernen. Dabei kann durchaus auch eine psychologische Beratung oder eine psychotherapeutische Behandlung sinnvoll sein“, rät Primar Siostrzonek. Eine Kontrolluntersuchung nach drei bis vier Wochen soll sicherstellen, dass das Problem auch tatsächlich gelöst ist. „Ist alles in Ordnung und die Wandbewegungen des Herzens verschwunden, ist das die endgültige Bestätigung, dass es sich um ein Tako-Tsubo Syndrom und nicht um einen Herzinfarkt gehandelt hat“, sagt Primar Siostrzonek.


Vorbeugung

Über vorbeugende Maßnahmen gibt es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Da es sich bei einem Anfall um eine Stressreaktion des Körpers handelt, scheint die einzige Möglichkeit der Vorbeugung, sich eine gelassene Denk- und Lebensweise anzueignen und die eigene Widerstandsfähigkeit (Resilienz) zu steigern. Text: OÖN

 

Nähere Informationen:

Kardiologie Barmherzige Schwestern