Unsere FachärztInnen für Erkrankungen des Verdauungstraktes (GastroenterologInnen) am Ordensklinikum Linz Elisabethinen teilen ihr hochspezialisiertes Wissen gerne auch mit ÄrztInnen anderer Nationen. Vor allem, wenn es, so wie im Fall der marokkanischen Ärztin und Gastroenterologin Dr. Khadija Lamii, dabei hilft, Behandlungstechniken zu etablieren, die die medizinische Grundversorgung eines Landes verbessern können.
Woher kommen Sie und was ist Ihr medizinischer Hintergrund?
Dr. Lamii: "Ich bin 32 Jahre und habe im Dezember 2017 mein Facharztstudium an einer öffentlichen Universität bzw. einem öffentlichen Krankenhaus in Casablanca abgeschlossen. Seither arbeite ich in einer Privatordination in einer Privatklinik."
Warum sind Sie gerade hierher nach Österreich zu den Elisabethinen gekommen?
Dr. Lamii: "Ich wollte mehr Erfahrung im Umgang mit der interventionellen Endoskopie – also der operativen Eingriffe mittels Magen- und Darmspiegelung – sammeln. Das ist leider in Marokko nur sehr schwer möglich, weil wir zu wenig medizin-technisches Equipment und haben und in Folge dessen auch kaum Gelegenheit den praktischen Umgang damit kennenzulernen oder zu üben.
Dr. Schiller, Facharzt bei den Elisabethinen, weiß um die Situation Bescheid. Er hat mich deshalb hierher zu einem 3-monatigen Fortbildungsaufenthalt eingeladen."
Das heißt, Sie können in ganz Marokko nirgendwo lernen, wie man operative Eingriffe mithilfe einer Darmspiegelung macht?
Dr. Lamii: "Nein, das ist nur in Universitätsspitälern möglich. In öffentlichen Krankenhäusern werden zwar gewöhnliche Magen-/Darmspiegelungen gemacht. Wir können aber derzeit noch nicht lernen, wie man eine endoskopische Polypektomie macht, also Darmpolypen entfernt oder Clips zur Blutstillung setzt. Dabei ist dieses Wissen so wichtig für uns, weil es viele Menschen gibt, die häufig daran leiden und so einen Eingriff dringend brauchen würden. Deshalb müssen wir uns dieses Know-how im Ausland aneignen."
Wie viele Auslandspraktika bzw. Fortbildungsaufenthalte haben Sie bereits außerhalb von Marokko gemacht?
Dr. Lamii: "Zwei in Paris und eines in Belgien."
Was haben Sie die letzten Wochen in der Endoskopie des Ordensklinikums gelernt?
Dr. Lamii: "Ich habe gelernt, wie man hier Darmpolypen mit Hilfe der Koloskopie aufspürt, markiert und entfernt. Besonders imponiert hat mir, mit wie viel Fingerspitzengefühl hier gearbeitet wird. Das ist eine wichtige Erkenntnis, die ich mit nach Hause nehme."
Was gefällt Ihnen hier?
Dr. Lamii: "Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich, verglichen zu meinen anderen Auslandsaufenthalten, hier am wohlsten fühle. Die Kolleginnen und Kollegen sind so nett. Sie erklären mir zum Beispiel jeden Schritt, den sie bei einem Eingriff machen, auf Englisch. Sie erzählen mir aber auch die Krankengeschichten, die mit den Patienten verbunden sind. Das war ganz anders bisher. Man merkt, dass die Ärztinnen und Ärzte hier ihre Arbeit und ihren Beruf lieben."
Wie gut ist die medizinische Versorgung in Ihrem Heimatland in Ihrem Fachbereich?
Dr. Lamii: "Generell kann man sagen, dass wir viel zu wenig medizinische Gerätschaften haben im öffentlichen Bereich. Viele Fachärztinnen und -ärzte können die Patienten oft nur beraten, weil sie selber keine Endoskope haben, um sie untersuchen zu können. Meistens müssen sie die Patienten an bestimmte staatliche Krankenhäuser oder die staatliche Universitätsklinik überweisen. Oder an private Gastroenterologen und Privatkliniken, die Endoskope haben. Das kann sich aber nicht jeder leisten."
Wie viel kostet eine Dickdarmspiegelung in einer Privatklinik?
Dr. Lamii: "Ungefähr 105 €."
Und wie hoch ist ein durchschnittliches marokkanisches Einkommen?
Dr. Lamii: "Circa 2 600 Dirham. Das sind umgerechnet 229 € im Monat. Insgesamt muss man aber sagen, dass sich immer mehr Menschen eine Beratung oder Behandlung in einer Privatkliniken oder -ordination leisten."
Was passiert mit Patienten, die sich keinen Privatarzt leisten können?
Dr. Lamii: "Wenn ein Patient z. B. eine Koloskopie braucht, wird er in ein entsprechendes Spital oder eine Universitätsklinik überwiesen und dort kostenlos behandelt."
Wie funktioniert das Gesundheitssystem in Marokko verglichen mit Österreich?
Dr. Lamii: "Prinzipiell glaube ich, dass die Systeme sehr ähnlich funktionieren. Es gibt staatliche und private Krankenhäuser wie in Österreich. Prinzipiell hat aber jeder Zugang zu medizinischen Leistungen, auch wenn es im öffentlichen Bereich manchmal etwas umständlicher ist oder länger dauert.
Was sind Ihre beruflichen Pläne für die Zukunft?
Dr. Lamii: "Ich werde mein Wissen in der Privatklinik einbringen, für die ich zu arbeiten begonnen habe."
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