Aktuelles

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Ordensklinikum Linz

Einsatz des Da-Vinci-Roboters in der Kinderurologie

Datum: 22.04.2024

Seit 2023 wird der Da-Vinci-Roboter am Ordensklinikum Linz in der Kinderurologie eingesetzt. Nierenbeckenplastiken bei Kindern mit einer Ureterabgangsenge ab zehn Jahren sind bereits etabliert, die moderne Technik findet mittlerweile auch bei weiteren Operationen Anwendung.

In der Kinderurologie wurde das Da-Vinci-Robotersystem erstmals vor rund 20 Jahren in den USA für eine Nierenbeckenplastik verwendet. Seither hat sich dieses Feld rasant weiterentwickelt. Die Indikationen für den Einsatz des Robotersystems sind mannigfaltig und umfassen neben Eingriffen an der Niere inklusive pädiatrischer Uroonkologie auch die rekonstruktive Chirurgie der Harnleiter, Blasenhalsrekonstruktionen, Blasenaugmentationen (Künstliche Blase) und die Anlage katheterisierbarer Stomata. Der Einsatz des Da-Vinci-Roboters, insbesondere bei jüngeren Kindern, muss jedoch wohl überlegt sein, birgt das System in diesem Einsatzgebiet doch deutliche Limitationen. Der wesentlichste Unterschied zu robotischen Operationen im Erwachsenenalter ist das geringere intraabdominelle Raumangebot, wodurch die Trokare so platziert werden müssen, dass Kollisionen vermieden werden.

Die Vorteile der roboterassistierten Chirurgie

Das Da-Vinci-Robotersystem kommt vorrangig bei Kindern und Adoleszenten ab dem zehnten Lebensjahr zum Einsatz. Prim. Univ.-Doz. Prof. Dr. Josef Oswald, FEAPU, Leiter der Abteilung für Kinderurologie, Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern, erläutert: „Der Einsatz hängt mit dem Body-Mass-Index zusammen. Wir operieren viele junge Erwachsene mit einem entsprechend entwickelten Bauchumfang, um offene Operationen, die bei Adoleszenten große Inzisionen benötigen, zu vermeiden.“ Der Kinderurologe gibt ein Beispiel: „Bei einem gut entwickelten 14-Jährigen wäre für einen Nierenzugang ein ca. 10 cm langer Flankenschnitt erforderlich, bei dem die gesamte Muskulatur durchtrennt werden müsste. In diesem Fall ist die minimalinvasive Da-Vinci-Chirurgie perfekt. Weitere Vorteile des Roboters sind die Zehnfach-Vergrößerung, die Bewegungsfreiheit der robotischen Endowrist-Instrumente und die dreidimensionale Sicht. Und auch das Nähen mit dem Da-Vinci-Roboter ist sehr präzise.“

Nierenbeckenplastiken sind etabliert

Eine klassische Indikation für die Roboterchirurgie ist die Ureterabgangsstenose, eine angeborene Engstelle zwischen Nierenbecken und Harnleiter, bei Zehn- bis 18-Jährigen. Roboterunterstützte Nierenbeckenplastiken sind am Ordensklinikum Linz seit mehr als einem Jahr etabliert. Prim. Oswald betont: „Die Kinder profitieren immens. Der Eingriff ist weniger invasiv, sie erholen sich schneller von der Operation und sie können nach einer Woche wieder Sport betreiben. Bei der herkömmlichen OP dauert es ein bis zwei Monate bis die Muskelschicht wieder intakt ist und selbst dann haben die Kinder noch Schmerzen.“ Die meisten Ureterabgangsstenosen werden bereits im Baby- und Kleinkindesalter vorgenommen. Prim. Oswald erläutert: „Babys operieren wir nicht robotisch. Das macht wenig Sinn, weil sich das Organ direkt unter der Haut befindet und die Muskelschicht sehr dünn ist. Die Schnitte sind daher nur 1 bis 2 cm groß und entsprechen der laparoskopischen ,Knopflochchirurgie‘.“ Der Experte ergänzt: „Dieser Eingriff wird auf diese Art nur bei uns durchgeführt. Als zertifiziertes nationales Expertisezentrum für seltene Erkrankungen und als eines der größten Kinderurologiezentren in Europa verfügen wir über ein großes Armentarium an Technik und Know-how.“ Jährlich werden an der Kinderurologie des Ordensklinikum Linz mehr als 3.000 Kinder stationär aufgenommen. Von 2.000 durchgeführten Operationen entfällt rund die Hälfte auf hochkomplexe Eingriffe.

 

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Prim. Josef Oswald

Prim. Univ.-Doz. Prof. Dr. Josef Oswald, FEAPU, Leiter der Abteilung für Kinderurologie, Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern

Weitere robotische Operationen

Seit einiger Zeit werden Harnleiterneuimplantationen bzw. Antirefluxplastiken an Adoleszenten ebenfalls robotisch durchgeführt. Prim. Oswald gibt ein Beispiel: „Vor kurzem kam ein 16-jähriges Mädchen mit einem Reflux, d.h. einem Pendelharn zwischen Blase und Niere, zu uns zur Beratung. Durch rezidivierende Pyelonephritiden kommt es zu irreversiblen Nierenschädigung bis hin zur Niereninsuffizienz. Auch die infolge der rezidiverenden Harnwegsinfekte entstehenden Nierennarben haben, besonders bei Mädchen, die Konsequenz eines renalen Hyertonus, welcher bereits zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr manifest wird. Das bedeutet, sie müssen ein Leben lang ein Blutdruckmedikament einnehmen. Prim Oswald zum Eingriff: „Wir haben diesem Mädchen den Harnleiter mit dem Da-Vinci-Roboter von außen, d.h. ohne Eröffnung der Blase, neu implantiert. Dabei wird der Blasenmuskel gekerbt, die Schleimhaut wölbt sich vor, der Harnleiter wird in die Rinne verlagert und die Muskulatur darüber wird wieder verschlossen.“ Drei Tage nach dem Eingriff konnte das Mädchen nach Hause gehen. Eine weitere Indikation ist die konsekutive Inkontinenz bei ektopen Oberpolureteren. „Diese Erkrankung betrifft nur Mädchen. Sie verlieren aus ungeklärten Gründen ständig Harn und es dauert meist lange, bis sie in unserer Ambulanz vorgestellt werden“, schildert Prim. Oswald. Der Grund für die Inkontinenz ist, dass von den beiden Harnleitern nur einer in der Blase mündet, der zweite – er produziert nur wenig Harn – mündet hingegen unterhalb des Schließmuskels. Prim. Oswald erläutert: „In diesem Fall durchtrennt man mit dem Da-Vinci-Roboter den zum oberen Anteil der Niere zugehörigen Ureter und anastomisiert ihn mit dem Unterpolureter. Damit sind die Betroffenen sofort trocken.“ Die Operation dauert nur eine Stunde und die Patientin kann am Folgetag nach Hause gehen. Auch die Herstellung einer künstlichen Blase mit Anlage eines katheterisierbaren Stomas wird ins robotische OP-Programm aufgenommen. Prim. Oswald erklärt: „Bei einer neurogenen Blase handelt es sich um eine Hochdruckblase, d.h. der Druck setzt sich in die Nieren fort und zerstört diese.“ Davon betroffen sind Kinder mit neurogenen Blasenentleerungsstörungen, etwa aufgrund von Rückenmarkserkrankungen wie Spina bifida (Meningomyelocele). Bislang war eine offene Operation zur Vergrößerung der Blasenkapazität und zum Erreichen der Harnkontinenz notwendig. „Bei älteren Kindern ist das ein großer Eingriff“, erklärt Prim. Oswald und schildert das Vorgehen: „Bei der Operation wird die Blase geöffnet und mit einem Stück des Ileum vergrößert (Ileumaugmentation). Infolgedessen dehnt sich das Ileum aus, womit wieder ein Niederdrucksystem etabliert wird. Bei Kindern im Rollstuhl kann ein Urostoma im Nabel angelegt werden, über das sie einfach katheterisieren können. Das ist ideal, weil dies ein geschlossenes System und von außen nicht sichtbar ist.“

Prim. Oswald abschließend: „Die Vorteile der Da-Vinci-Chirurgie sind eindrucksvoll, deshalb sollten vor allem Kinder und Jugendliche davon profitieren. Allerdings sind viele Eingriffe in der Kinderurologie auch mit offenem Zugangsweg minimalinvasiv, weshalb es einer strengen Indikation bedarf.“ 

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Ambulanzen und Erreichbarkeit: Die Kinderurologie bietet eine allgemeine Kinderurologische Ambulanz sowie Ambulanzen zu speziellen kinderurologischen Fragestellungen wie Urotherapie/Blasenschule, neurogene Blase, MMC, Epispadie, Blasenekstrophie und sexuelle Differenzierungsstörung.

Terminvereinbarung mit Überweisung für alle Ambulanzen: Tel.: 0732 7677 - 7470 Mo – Fr, 13.00 – 15.00 Uhr

www.ordensklinikum.at/kinderurologie